Der Buchhalter von Auschwitz

Oskar Gröning ist 4 Jahre alt, als seine Mutter 1925 stirbt. Disziplin, Gehorsam, Zucht – unter diesen Massstäben wächst er auf. In der Hitlerjugend fühlt er sich wohl. Er liebt die Ausflüge, das Singen, die Kameradschaft. 1939 tritt er in die NSDAP ein und meldet sich 1940 freiwillig bei der Waffen-SS. 21-jährig wird er 1942 nach Auschwitz beordert. Vor der Reise schwört er den Treueeid und verpflichtet sich zu Verschwiegenheit. Im Lager muss er als Buchhalter die Wertsachen erfassen, welche den Deportierten bei der Ankunft abgenommen werden. Das Geld bringt er regelmässig nach Berlin. Er muss jedoch auch Rampendienst leisten, d. h. bei der Ankunft der Züge für Ruhe und Ordnung sorgen. Das Buch zeichnet ebenfalls kurz den Werdegang einer Jüdin nach. Sie trifft 1944 im KZ ein. Theoretisch hätten die beiden sich auf der Rampe begegnen können. 2015 wird Oskar Gröning in einem grossen Auschwitz-Prozess 94-jährig wegen Beihilfe zu Mord verurteilt. Da stellt sich die Frage: Ist das richtig? Mord und Beihilfe zu Mord verjähren nicht, lautet die neuere Rechtsprechung in Deutschland, und hier liegt auch die Antwort auf die gestellte Frage. Die ganze Maschinerie des Tötens mit dem Ziel, u. a. das Judentum zu vernichten, ist nur möglich gewesen, weil so viele mitgemacht haben: Wachmänner, Fahrer, Köche, Eltern, Lehrer u. v. m. Das Geschehen im KZ hat die beiden geschilderten Lebensläufe grundlegend geprägt. Das Buch von Reiner Engelmann ist ein eindringlicher Aufruf, darüber nachzudenken, wie das eigene Leben gestaltet werden soll. Und es zeigt, dass es immer wieder die Möglichkeit gibt, stopp zu sagen – gerade auch als "kleines Rädchen" im Getriebe einer Gesellschaft. Barbara Schwaller
Titel Der Buchhalter von Auschwitz
Autor:innen Engelmann, Reiner
Kollation Geb., s.w. illustr., 218 S.
Verlag, Jahr cbj , 2018
ISBN 978-3-570-16518-8
Kategorie Sachbuch
Schlagwort Krieg
Alter ab 13
Bewertung
Rezension publiziert 07.06.2018