Die Zähne schmerzen, der Zahnarzt weiss Bescheid. Er kennt das Geheimnis, das niemand wissen darf. Die Scham darüber ist riesig. Das Tier sitzt im Körper und wird nie satt. Es schreit stumm: Mehr, mehr, mehr! Nur wenn niemand zuhause ist, kann es endlich gesättigt werden. Ein Rieseneinkauf im Supermarkt, den Mund damit vollstopfen, dann schnell schlucken möglichst ohne Kaubewegung, denn sonst hat man später Mühe beim Rauswürgen. Danach das erlösende, wunderbar leichte Gefühl.
Die Geschichte ist als Tagebuch aufgezeichnet und umfasst die Zeitspanne vom 1. bis 24. Dezember. Darin festgehalten sind Rückblenden, die von der Entstehung der Essstörung und bereits erfolgten Therapien erzählen. Als namenloses Ich schreibt eine Person über ihre Qualen, Vorsätze und Ängste; die detailreichen Ausführungen sind zum Teil an der Grenze des Erträglichen. Die Lesenden erhalten hier einen tabufreien, schonungslosen und beeindruckenden Blick auf ein Leben mit Bulimie. Katharina Siegenthaler
